Du kennst das. Du bist endlich auf deiner Matte angekommen, zur Ruhe gekommen. Und plötzlich ist es da. Angefangen mit einem unbedeutenden Kitzeln, einmal schlucken, hoffentlich ist es weg. Nein, es ist noch da und wird langsam stärker. „Ich kann jetzt nicht husten! Wir liegen hier gerade in Stille“ Leider wird die Stimme in dir immer lauter, während es um dich herum immer leiser wird. Und mit schnellen Schlucken versucht du den immer stärker werdenden Hustenreiz zu unterdrücken. Nun musst du doch hüsteln, richtest dich auf, greifst rasch nach deinem Getränk. Aber richtig helfen tut das auch nicht.
Schon erlebt? Wir haben das alle schon erlebt!
Ob Husten oder Juckreiz, je mehr du verdrängst, um so stärker wird es. Meine Antwort zu meinen Teilnehmenden: „lass es raus!“ Deine Stille ist gerade sowieso weg. Und es verlangt deine Aufmerksamkeit.
Aber die anderen? Die anderen dürfen sich in Pratyahara üben.
Pratyahara ist das 5. Glied im achtgliedrigen Pfad des Patanjali. Mehr zum achtgliederigen Pfad kannst Du
hier lesen.
In seinen Sutren hat Patanjali uns Yogis „Leitfäden“ mit auf den Weg gegeben. Pratyahara gehört zu den Gliedern, die den Weg nach Innen anleiten.
„Pratyâhâra geschieht, wenn der Geist in der Lage ist, seine gewählte Richtung beizubehalten und die Sinne sich nicht wie gewöhnlich mit den Objekten, die sie umgeben, verbinden. Im Zustand von Pratyâhâra folgen die Sinne dem Geist in seiner Ausrichtung.“ (Patañjali, Sûtre 2.54.)
Pratyahara ist ein Zustand, der sich bei regelmäßiger Praxis von Asanas und Pranayama entwickelt, also Körper- und Atemarbeit. Es geht um die Kontrolle unserer Sinne.
Unser Alltag ist voller Ablenkung.
Das Smartphone meldet den Eingang irgendwelcher Nachrichten. Draußen bellt ein Hund, das Telefon klingelt, am Rechner meldet sich eine neue Email. Das Kind hat eine Frage, im Kopf wartet die Einkaufsliste. Irgendein Haushaltsgerät meldet, dass es fertig ist. Ich könnte die Liste ewig weiterschreiben.
Kein Wunder, dass wir uns abends erschöpft fühlen. Unser Geist ist ständig am Rotieren, Sortieren, was ist wichtig, was kann warten.
Pratyahara beschreibt den Zustand des Ausblendens, zu lernen sich zu fokussieren, auf eine Sache zu konzentrieren.
In den Sutren des Patanjalis geht es um die Vorbereitung zur Meditation.
In unserem Alltag hilft Pratyahara, die allgegenwärtige Ablenkung auszublenden. Eine Tätigkeit anzufangen und sie auch zu Ende zu bringen, nicht zwischendurch auf andere Dinge einzugehen, vollständig bei einer Sache zu bleiben.
Was das mit dem Hustenreiz zu tun hat?
Auch das ist Ablenkung. Ein Geräusch, dass plötzlich auf der Nebenmatte auftaucht, bist du doch endlich zur Ruhe gekommen. Was macht mein Nachbar denn da??? Muss ich doch mal ein Auge öffnen, könnte ja wichtig sein, was auf der Nachbarmatte passiert.
Jetzt heißt es Pratyahara üben, die Sinne bei sich zu behalten, egal was um dich herum passiert. Du liegst auf deiner Matte, folgst der anleitenden Stimme, egal was rechts oder links passiert.
Pratyahara heißt auch, Kontrolle abgeben. Es ist nicht wichtig, was gerade in meiner Umgebung passiert, denn ich bin gerade ganz bei mir.
Pratyahara heißt auch Vertrauen. Vertraue, dass Du dich gerade in einer geschützten Umgebung befindest, in der Du für diesen Moment loslassen kannst, um mit der Aufmerksamkeit vollständig bei Dir zu sein.
Asanas, um Pratyahara zu üben, sind zum Beispiel die Kindshaltung und Vorbeugen. In diesen Asanas ist unsere Energie nach innen gerichtet und sie wirken zudem beruhigend auf unseren Geist.
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